Spielbericht von Handball-World
Über weite Strecken dominierende Mannschaft steht mit leeren Händen da
„Wieder gut gekämpft für nix", brachte Benjamin Herth nach Abpfiff das Spiel aus Balinger Sicht auf den Punkt. Der HBW hatte sich beim Derby mit Göppingen über 60 Minuten einen großen Kampf geliefert, unterlag aber in der EWS Arena mit 28:29. Zur Pause hatten die Göppinger noch mit 12:15 zurück gelegen und auch knapp drei Minuten vor der Pause lagen die Gäste beim 26:27 nochmals vorn, Kaufmann, Schweikardt und Kneule, mit sechs Treffern bester Göppinger, distanzierte Balingen aber vorentscheidend auf 29:27. Felix Lobedank (8) avancierte dabei vor 5.200 Zuschauern zum Pechvogel des Abends, als er in dieser Phase an der Mittellinie den Ball verlor. „Wir haben am Limit gespielt, aber es hat uns Cleverness gefehlt“, haderte Trainer Rolf Brack.
Göppingen nutzt erst Überzahl konsequent
Göppingen und Balingen schenkten sich zu Beginn nichts, allerdings schienen die favorisierten Göppinger mehr Aufwand für die Treffer treiben zu müssen als die Gäste, die wie üblich eine sehr aufwändige Deckungsarbeit verrichteten. Die Grün-Weißen versuchten dabei immer wieder mit Haaß oder dem von Beginn an aufgestellten Tim Kneule einen weiteren Spieler am Kreis zu platzieren, die Co-Produktion von Kaufmann und Haaß zum 4:4 ließ die Heimfans jubeln. Balingen lag schon zu Beginn teilweise vorn, Philipp Müller glich Kneules 6:5-Treffer (10.) sofort aus und Ettwein brachte Balingen wieder in Front. Erst in Überzahl, Ilitsch musste auf der Sünderbank Platz nehmen, gelangten die Gastgeber nach einer Viertelstunde deutlich in Führung. Binnen zwei Minuten warfen Kneule und Kaufmann das 10:7 (16.) heraus.
4/2-Abwehr zermürbt Göppinger Elite-Angriff
Besonders Haaß schien dem Spiel mit viel Einsatz eine Wende geben zu können. Doch es kam völlig anders. Acht Minuten gelang Göppingen kein Tor mehr, obschon Balingen immer wieder in Unterzahl agieren musste. Temelkov und Herth verkürzten auf 10:9 und mit der 4:2-Deckung nach der prompten Petkovic-Auszeit (21.) konnten die Göppinger erst recht nichts anfangen. Bürkle und Wilke zermürbten den Göppinger Rückraum, wo Pavel Horak in dieser schwierigen Phase sein Heim-Comeback gab. Auch er konnte Göppingen aber nicht helfen, Ilitsch und Bürkle erzielten das 10:12 und auch der 11:12-Strafwurf von Haaß (24.) brach den Bann nicht. Nach dem Ausgleich trafen die Schützlinge von Velimir Petkovic erneut das Tor nicht, während Bürkle und Herth von der Linie sowie Lobedank Balingen die 15:12-Pausenführung brachten.
EWS-Arena staunt: Außenseiter hält Top-Favorit in Schach
Drasko Mrvaljevic hatte Michael Thiede vor der Pause ersetzt, auch er machte aber keinen Stich und Lars Kaufmann hatte erst einmal getroffen. Allein auf Tim Kneule, der für Dragos Oprea in die Bresche sprang, war Verlass. Bei Balingen brillierte vor allem Benjamin Herth, der schon viermal getroffen hatte, auch wenn er den finalen Strafwurf vor dem Wechsel direkt in die Arme des verdutzten Enid Tahirovic warf. Kurz nach Wiederanpfiff dann ein Schock für Balingen, beim Kampf um den Ball stürzte Felix Lobedank über den am Boden liegenden Michael Haaß und musste am Fuß behandelt werden. Der HBW verteidigte aber dennoch wacker die Drei-Tore-Führung, während beim Göppinger Publikum offenbar allmählich ein paar Nerven blank lagen.
Konzentrationsschwächen bringen Göppingen ins Spiel zurück
Allerdings konnten die Heimfans kurz darauf Enid Tahirovics Parade gegen Dennis Wilke beklatschen, die Göppingen die Möglichkeit zum 16:17-Anschlusstreffer (36.) eröffnete. Thiede verlor zwar den Ball, machte den Fehler aber in der Deckung wett und die Schiedsrichter ließen den Vorteil für Kneule laufen. Göppingen war wieder im Spiel und auf Balingen entlud sich nun ein gellendes Pfeifkonzert von den Rängen. Die aufgeheizte Atmosphäre verschaffte Haaß beim Siebenmeter noch keinen Vorteil, sein Wurf ging über die Latte, doch im direkten Gegenzug setzte Manuel Späth den Ausgleichstreffer zum 17:17 (39.). Nun war es, Balingen das nach dem Weg zum Tor suchte und ihn durch einen von Strobel erkämpften Strafwurf, den siebenten für Balingen, fand. Herth beendete die fünfminütige Torflaute mit dem 18:17-Führungstreffer für die Gäste.
Adam Weiner rettet Frischauf Göppingen
Auch zu Beginn des letzten Spieldrittels schien Balingen das frischere Team zu sein, das den heute behäbig wirkenden Göppingern die Grenzen aufzeigen konnte. Balingen kam über Ballgewinne immer wieder zu seinem Konterspiel, doch die Begegnung blieb spannend, da Balingen immer wieder durch Zeitstrafen dezimiert wurde. Die letzte Viertelstunde begann in doppelter Überzahl mit Adam Weiner im Göppinger Tor und Kaufmann ließ sich beim 22:23-Anschlusstreffer nicht lange bitten, er erzielte kurz darauf auch den Ausgleich. Für Rolf Brack die Gelegenheit zu einer frühen Besprechungspause, nach der Benjamin Herth als siebenter Feldspieler agierte. Doch Adam Weiner hielt seinen Kasten, unter anderem bei einem Strafwurf, zunächst sauber.
Achtfachem Torschützen unterläuft folgenschwerer Fehler
Beim harten Einsteigen gegen den konternden Christian Schöne verletzte sich dann Frank Ettwein, der nur mit einer Zeitstrafe bedacht wurde. Michael Schweikardt erhöhte danach mit dem fälligen Strafwurf auf 25:23 (53.), aber Lobedank beendete die Balinger Torflaute trotz Unterzahl. Balingen ließ nicht locker und attackierte weiter, Wolfgang Strobel schickte Wilke zum Konter auf die Reise, den Treffer zum 26:26 (55.) verhinderte aber Adam Weiner. Balingen kam durch Lobedank aber kurz darauf doch zum Unentschieden und erkämpfte einen weiteren Strafwurf für die Gäste, die knapp drei Minuten vor Schluss wieder in Front gingen. Den Sieg hatte in diesem Kampfspiel keine Mannschaft verdient, allerdings nutzte Tim Kneule nach einem technischen Fehler von Lobedank die Möglichkeit zum 29:27 (60.). Lobedank verkürzte noch einmal in den Schlusssekunden, aber Göppingen durfte feiern.
Stimmen zum Spiel
Velimir Petkovic, Trainer Frisch Auf! Göppingen
Ich freue mich über diese zwei Punkte. Es war eine Pflichtaufgabe für uns. Ich bin vor dem Spiel gefragt worden, mit wie vielen Toren wir heute gewinnen würden, aber alle, die uns kennen, wissen eigentlich, dass wir in dieser Saison nicht in der Lage sind, für das Torverhältnis zu spielen. Es ist kein Geheimnis, dass wir Probleme mit Mannschaften haben, die gut offensiv decken. Ich will, dass wir auch dann einfach Handball spielen, aber mir geht dieser Prozess zu langsam. Aber ich bin trotzdem zufrieden damit, was wir bisher mit diesen Leuten erreicht haben. Es macht mir Spaß diese Mannschaft zu trainieren. In letzter Zeit lief es zwar nicht so gut, aber wir sind trotzdem auf einem guten Weg einen Europapokalplatz zu schaffen.
Dr. Rolf Brack, Trainer HBW Balingen-Weilstetten
Wir sind in einer prekären Situation. Wir haben für unsere Verhältnisse nahezu am Limit gespielt. Zur Halbzeit hätten wir mit dem Siebenmeter eigentlich mit vier Toren führen müssen, da fehlt einfach die nötige Cleverness. Dann kamen strittige Szenen dazu, ob Stürmerfoul oder Siebenmeter, ich denke, dass wir unter dem Strich wieder zu viele Zeitstrafen bekommen haben und waren am Ende ständig in Unterzahl. Zudem haben sich in der entscheidenden Phase einige Spieler falsch verhalten und nicht das gespielt, was ausgemacht und trainiert war. So kommen einfach einzelne Ausfehler dazu und dann verlieren wir knapp und unnötig.
Michael Haaß, Frisch Auf! Göppingen
„Wir haben kein gutes Spiel gemacht heute, aber da muss man halt beißen und sich durchkämpfen. Wir haben eigentlich schon die ganze Saison über Schwierigkeiten gegen eine offensive Abwehr und das Problem war einfach, dass wir nicht nicht lang genug gespielt haben um freie Chancen zu bekommen. Wir haben eins gegen eins nicht weitergezogen sondern haben einfach aufgehört. Das haben wir am Ende dann besser gemacht.“
Tim Kneule, Frisch Auf! Göppingen
Am Schluss hat aus meiner Sicht die Abwehr den Ausschlag für uns gegeben. Wir haben uns nochmal zusammengerissen und in den Zweikämpfen den entscheidenden Schritt mehr gemacht und sind dann nach vorne gelaufen. Dass ich heute durchgespielt habe, war die Entscheidung des Trainers.
Benjamin Herth, HBW Balingen-Weilstetten
Wieder gut gekämpft für nix. Uns haben in der entscheidenden Phase die nötige Cleverness und der kühle Kopf gefehlt. Vielleicht auch ein Tick Glück. Wir wollten das Spiel gewinnen, wir wollten nicht lange mithalten, sondern hier zwei Punkte holen. Wir sollten nach der Auszeit weiterhin in der Abwehr gut stehen, die Zweikämpfe gewinnen und dann vorne mit viel Taktik und überlegtem Kopf gute Torchancen herausspielen. Aber dann müssen wir halt auch die Dinger rein werfen. Mitte, Ende der zweiten Halbzeit haben wir aber den einen oder anderen Ball frei verworfen und das entscheidet solche Spiele.
Aufstellung und Torschützen
Frischauf Göppingen: Adam Weiner, Enid Tahirovic(TW); Michael Schweikardt 3/3, Tim Kneule 6, Dragos Oprea, Michael Thiede 3, Christian Schöne 4, Manuel Späth 2, Lars Kaufmann 5, Drasko Mrvaljevic, Kjell Landsberg 1, Michael Haaß 4/1, Kai Häfner, Pavel Horak 1;
HBW Balingen+Weilstetten: Ivan Zoubkoff, Nikola Marinovic(TW); Felix Lobedank 8, Benjamin Herth 6/4, Daniel Sauer 1, Rock Feliho 1, Dennis Wilke, Frank Ettwein, Vlatko Mitkov, Wolfgang Strobel 1, Vladimir Temelkov 6/3, Jens Bürkle, Philipp Müller 3, Sascha Ilitsch 1;
Siebenmeter:
Göppingen 5/5, HBW 9/7;
Zeitstrafen:
Göppingen 7, HBW 9;
Nächstes Spiel:
HBW Balingen+Weilstetten - SC Magdeburg, Sonntag, 2 Mai, 17 Uhr, SparkassenArena in Balingen