Spielbericht des HBW-Pressedienstes
Sensationssieg! HBW beschert sich und die Fans zu Weihnachten
„Handball braucht Wunder“, definierte Balingens Manager Benjamin Chatton die Abkürzung für HBW in der abschließenden Pressekonferenz zum Spiel gegen den deutschen Meister THW Kiel völlig neu und Trainer Dr. Rolf Brack sprach von einem „Super-Sensationssieg“. Den Grund für diese Euphorie hatte ihnen nur wenige Minuten zuvor ihre Mannschaft geliefert. Sensationell haben Wolfgang Strobel und Co. dem bis dahin ungeschlagenen deutschen Meister THW Kiel mit 39:37 (18:18) die erste Saisonniederlage beigebracht und sich selber zwei ganz wertvolle Punkt im Kampf um den Klassenerhalt zu Weinachten beschert.
Wieder einmal wurde die Balinger SparkassenArena ihrem Ruf als „Hölle Süd“ gerecht und dieses Mal war es kein geringerer als der amtierende Deutsche Meister und Champions League-Finalist THW Kiel, der dies geschlagen zur Kenntnis nehmen musste. Die weltbeste Vereinsmannschaft war zum ersten Mal zu Gast im Balinger Wohnzimmer – die bisherigen Heimspiel gegen den THW haben die Schwaben in Tübingen bzw. in Stuttgart ausgetragen – und wird diesen Besuch so schnell nicht vergessen, denn wenn alles normal läuft, hat das Starensemble um den isländischen Trainer Alfred Gislason nicht nur zwei ganz wichtige Zähler im Kampf um die Meisterschaft verloren, sondern wird zumindest bis nach der Europameisterschaft hinter dem HSV Hamburg auf dem zweiten Tabellenplatz „überwintern“.
Die Voraussetzungen waren denkbar schlecht
Dabei waren die Voraussetzungen für das letzte Spiel vor den Weihnachtsfeiertagen für die beiden Teams wie sie unterschiedlicher sein können. Die Hausherren, die im Kampf um den Klassenerhalt mit dem Rücken zur Wand standen, wurden in den letzten Wochen vom Verletzungspech nur so gebeutelt. Ausnahmslos alle Spieler, die als Entlastung für Jung-Nationalspieler Benjamin Herth als Spielmacher in Frage kommen, stehen auf der langen Verletztenliste der Schwaben. Ähnlich schwer wiegt der verletzungsbedingte Ausfall von Allrounder Sascha Ilitsch und damit nicht genug. Zwei Tage vor dem Spiel haben sich Benjamin Herth mit einer fiebrigen Grippe und Frank Ettwein mit Darmgrippe vom Training abgemeldet. „Eigentlich wollte ich die Kieler mit hohem Tempo fordern, aber jetzt…“, war Balingens Coach Dr. Rolf Brack vor dem Spiel reichlich desillusioniert und machte sich Gedanken, wie er den Schaden am besten begrenzen kann. Sein Gegenüber Alfred Gislason hingegen konnte aus dem vollen Schöpfen. Ihm fehlte lediglich Daniel Narcisse, was aber für ein Spiel bei einem Abstiegskandidaten für die weltbeste Mannschaft kein Handicap sein sollte. Immerhin hat der THW Kiel für die Königsposition neben Narcisse noch Spieler wie die beiden Tormaschinen Momir Ilitsch und Filip Jicha – Alternativen, von denen der HBW nicht einmal zu träumen wagt.
Letztes HBW-Aufgebot geht Tempo des Meisters mit
„Wir hatten keine Chance, aber die haben wir genutzt“, war Dr. Rolf Brack angesichts der Voraussetzungen nach dem Spiel zwar nicht ganz sprachlos, aber zumindest kurzfristig ohne Erklärung, was kurz zuvor vor seinen Augen passiert war. Sein letztes Aufgebot scherte sich einen Teufel um Schadensbegrenzung und ging, wie im Training abgesprochen, das Tempo des Meisters nicht nur mit, sondern legte einen Zahn zu, wenn die Zebras versuchten ihr schnelles Spiel als Argument in die Waagschale zu werfen. Nur zwei Mal konnte Kiel im ersten Durchgang mit einem Treffer in Führung gehen, die von den Hausherren aber postwendenden egalisiert wurde. Erschreckend schwach präsentierte sich das Starensemble des Meisters sowohl in der Abwehr, als auch im Angriff. Mit jedem Ballgewinn und jedem Tor wuchs das Selbstvertrauen der HBW’ler und so wurden – für Kiel schmeichelhaft, beim Stande von 18:18 die Seiten gewechselt.
Stehende Ovationen bereits zur Halbzeitpause
Bereits mit dem Pausenpfiff hatten Strobel und Co. ihr Soll übererfüllt und wurden mit stehenden Ovationen von den begeisterten Zuschauern in die Kabinen verabschiedet. Allerdings glaubte in der Halle keiner an die Sensation, denn jeder war überzeugt, dass Kiel das Spiel im zweiten Durchgang in die Hand nehmen würde. Weit gefehlt! Nach dem erneuten Führungstreffer durch den im zweiten Durchgang überragenden Dennis Wilke konnte Kiel zwar eine Überzahl zur 21:22-Führung nutzen, aber erneut war es Wilke, der dem Handballer des Jahres, Thierry Omeyer keine Chance ließ und den erneuten Ausgleich erzielte.
In Unterzahl trifft der HBW zwei Mal
Fünfzehn Minuten vor Spielende wurde die SparkassenArena zum Tollhaus, als Daniel Sauer einen Abpraller zur erneuten Führung für den HBW in den Kieler Maschen versenkte. Bis auf 33:29 konnten sich die Schwaben in den folgenden fünf Minuten absetzen, aber Kiel schlug zurück und beim 33:33 nur zwei Minuten später war jeder davon überzeugt, dass die Partie, wie viele andere HBW-Spiele zuvor, in der Schlussphase den gewohnten Verlauf nimmt. Die Schwaben verlangen einem Top-Favoriten alles ab und stehen am Ende trotzdem mit leeren Händen da. Genährt wurde diese Vermutung zusätzlich durch eine Zeitstrafe in der 56. Spielminute gegen Frank „Litty“ Ettwein. Müller hatte den HBW zuvor erneut in Führung gebracht, als Rolf Brack für kurze Zeit mit dem Siebten Feldspieler operierte. Wilke erzielte aber in Unterzahl das 35:34. Felix Lobedank tanzte nach dem erneuten Ausgleich durch Marcus Ahlm gleich drei Kieler Abwehrspieler auf dem Bierdeckel aus und traf zum 36:35.
Ivan Zoubkoff nagelt Bude zu
Nach dem 37:37 nagelte Torhüter Ivan Zoubkoff die Balinger Bude völlig zu. Er wurde in der 46. Minute für Nikola Marinovic eingewechselt – eine Entscheidung die in der Halle niemand verstehen konnte, denn der Österreicher hatte bis dahin das indirekte Duell gegen Omeyer klar für sich entschieden. „Eine Bauchentscheidung“, so Trainer Brack und sein Gefühl hatte ihn nicht getrogen. Zoubkoff glänzte in der Schlussphase mit zehn Paraden und wurde nach dem 37:37-Ausgleich mit zum Vater des Erfolges. Seinen Glanztaten setzte Felix Lobedank mit den Treffern 38 und 39 die Krone auf und bescherte dem bis dahin ungeschlagenen Meister eine böse Weihnachtsüberraschung.
Was nach dem Schlusspfiff in der Balinger SparkassenArena los war, lässt sich in Worten nicht beschreiben.
Die Mannschaften
HBW Balingen+Weilstetten: Zoubkoff Ivan, Nikola Marinovic(TW); Klaus Schuldt 1, Felix Lobedank 5, Benjamin Herth 2, Daniel Sauer 2, Dennis Wilke 8, Frank Ettwein 3, Wolfgang Strobel 3, Vladimir Temelkov 4/2, Jens Bürkle 4, Philipp Müller 6, Markus Wagesreiter 1, Micha Thiemann;
THW Kiel: Peter Gentzel, Thierry Omeyer(TW); Börge Lund, Kim Andersson 4, Henrik Lundström, Igor Anic, Christian Sprenger 6, Marcus Ahlm 3, Tobias Reichmann, Christian Zeitz, Aron Palmarsson 2, Momir Ilic 8/3, Dominik Klein 7, Filip Jicha 7;
Zeitstrafen:
HBW 4 (56. Min. rot gegen Ettwein 3 x 2), THW Kiel 3;
Strafwürfe:
HBW 4/2, THW 3/3
nächstes Spiel:
HSV Hamburg – HBW Balingen+Weilstetten, Sonntag, den 27. Dezember 2009, 15 Uhr, Color-Line-Arena Hamburg.