Spielbericht aus dem Zollern-Alb Kurier
HBW verschafft sich etwas Luft
von Marcus Arndt
Der Balinger Handball-Bundesligist hat sich gestern etwas Luft im Abstiegskampf verschafft. Gegen den SC Magdeburg setzte sich der HBW mit 31:28 (12:11) durch – und verteidigte Rang 15.
„Sechs Zähler aus fünf Spiele brauchen wir noch“, hatte HBW-Coach Dr. Rolf Brack vor dem Duell mit dem früheren deutschen Meister angekündigt. Der Sportwissenschaftler fügte hinzu: „Wir dürfen uns keinen Punkte-Illusionen gegen Kiel und Hamburg hingeben.“ Und ohne es auszusprechen: Gegen die Bördeländer forderte der 56-Jährige einen Sieg.
Gegen den ersten deutschen Champions League-Sieger knüpften die Schwaben in den Anfangs-minuten nahtlos an die gute Leistung in Göppingen an: Philipp Müller – mit einer seiner wenigen guten Aktionen – aus dem Rückraum und Benjamin Herth mit einem Strafwurf-Doppelpack sorgten für eine 3:0-Führung nach vier Minuten. Auch in der Folgezeit stellte Balingen-Weilstetten die klar bessere Mannschaft. Sven Liesegang reagierte auf den emotionslosen Auftritt seiner Truppe und zückte bereits nach sieben Minuten die grüne Karte, um seine Spieler neu einzustellen. „Das war Larifari-Handball ohne Körperkontakt“, ärgerte sich der SCM-Interimstrainer. Offenbar hatte er die richtigen Worte gefunden, auch wenn es bis Mitte der ersten 30 Minuten dauerte, ehe die Gladiatoren richtig zupackten. Zunächst war allerdings Rock Feliho mit einem knallharten Schlagwurf zum 8:3 erfolgreich (14.). Auf der Gegenseite versuchten es die Ostdeutschen immer wieder über die Nahdistanz, doch die Achse Stian Tönnesen-Bartosz Jurecki harmonierte überhaupt nicht.
Das sollte sich ändern. Magdeburg steigerte sich und Yves Grafenhorst brachte die Bördeländer wieder in Schlagdistanz (8:6/ 19.). Bei den Balinger lief nichts mehr zusammen – und auch die Taktik von Brack griff nicht. Der HBW-Kommandogeber reagierte rasch und beorderte seine Truppe zur Extrabesprechung an die Seitenlinie (25.). Die Auszeit verpuffte. Der Ex-Balinger Robert Weber düpierte seinen österreichischen National-mannschaftskollegen Nikola Marinovic von Rechtsaußen und nach dem dritten Jurecki-Treffer war wieder alles offen (9:9/ 26.). Der HBW wirkte geschockt, ging aber dennoch mit einer knappen Führung in die Kabine. Mit der Pausensirene traf Herth zum 12:11. „Wir haben nach dem 8:3 keine Qualität mehr gezeigt“, haderte Brack und räumte unumwunden ein: „Die Zwei-Kreisläufer-Taktik stellte uns vor große Probleme.“
Auch nach dem Seitenwechsel setzte sich zunächst keine der beiden Mannschaften entscheidend ab: Den Magdeburger Ausgleich konterte Wolfgang Strobel mit dem 13:12 (31.). Dennoch: Es lief nicht mehr rund bei den Schwaben und Weber brachte den DDR-Rekordmeister nach 33 Minuten erstmals in Führung (13:14). Die Reaktion von Brack folgte prompt: Er beorderte neues Personal auf die Platte: Müller kehrte in den linken Rückraum zurück – und Ivan Zoubkoff löste Marinovic zwischen die Pfosten ab. Als der Franzose den ersten Ball parierte, ging ein Ruck die Mannschaft. Vladimir Temelkov erkämpfte sich die Kugel und stellte den Anschluss her (16:17/ 39.). 60 Sekunden später die spielentscheidende Szene: Nach einem rüdem Foul an Herth sah Damian Kabengele rot. „Der Knackpunkt“, meinte Liesegang, nachdem der HBW einen Mehr-Tore-Rückstand egalisierte und sich mit einem 4:2-Lauf einen kleinen Vorteil verschaffte. Nervenstark verwandelte Jens Bürkle einen Konter zum 21:20 (45.) und der HBW legte nach: mit Toren von Markus Wagesreiter, Felix Lobedank (2) und Wolfgang Strobel zum 27:24 (52.).
„Es war erstaunlich, dass wir nicht das Nervenflattern bekommen haben“, resümierte Brack und fügte zufrieden hinzu: „Wir haben in der Schlussviertelstunde immer die richtige Entscheidung getroffen.“ Das beweist auch ein Blick in Statistik: Bei 18 Angriffen erzielte der HBW in den letzten 20 Minuten 15 Tore. Auf der Gegenseite scheiterte Magdeburg immer wieder an Marinovic, welcher in den letzten neun Minuten fünf Bälle parierte.
HBW Balingen-Weilstetten – SC Magdeburg: Teams & Tore
HBW Balingen-Weilstetten: Marinovic (1. – 35. und ab 51., 19 Gegentore/9 Paraden), Zoubkoff (35. – 51., 9/3); Herth (9/2), Lobedank (5), W. Strobel (5), Temelkov (4/2), Feliho (2), P. Müller (2), Bürkle (1), Wagesreiter (1), Wilke (1), Ettwein (1), Sauer, Ilitsch, Mitkovic (n.e.).
SC Magdeburg: J. Müller (1. – 45. und ab 54., 24 Gegentore/9 Paraden), Quenstedt (45. – 54., 7/1); van Olphen (6), Grafenhorst (5), B. Jurecki (4), Weber (4), Tönnesen (3/2), Kabengele (2), Wiegert (2), Theuerkauf (1), Krause (1), Böhm, Coßbau, Grohmann.
Zuschauer: 2350.
Schiedsrichter: Brauer/ Holm (Hamburg/Hagen).
Spielfilm: 5:1 (7.), 6:3, 8:4, 8:5 (17.), 9:7, 10:9, 10:10 (28.), 12:11 – 14:14 (35.), 14:17, 18:20, 20:20 (44.), 23:21, 24:22, 30:25 (56.), 31:28.
Zeitstrafen: 16:12 Minuten (Sauer/2, Ettwein/2, Lobedank, Ilitsch, Bürkle, P. Müller – Kabengele, van Olphen, B. Jurecki, Weber). Rote Karte für Kabengele nach grobem Foulspiel (40.).
Siebenmeter: 5/4:2/2 (Herth scheitert an J. Müller/ 11.).
Nächstes Spiel: Füchse Berlin – HBW Balingen-Weilstetten (9. Mai, 17 Uhr, Max-Schmeling-Halle).