Vorbericht aus dem Zollern-Alb-Kurier
HBW-Höhenflug endet abrupt
von Marcus Arnt
Abrupt endete der Höhenflug des Balinger Handball-Bundesligisten mit zwei Niederlagen in Folge. Vor dem richtungsweisenden Heimspiel gegen Aufsteiger Bergischer HC geht's am Sonntag nach Berlin.
Gemeinhin verbindet den Balinger Bundesligisten mit dem Champions-League-Teilnehmer aus Berlin nicht allzu viel. Vielleicht, dass sich beide Klubs nach den Aufstiegen 2006 respektive 2007 in der stärksten Spielklasse der Welt etabliert haben. Am Mittwochabend dürfte die Gefühlslage der Protagonisten auf und neben der Platte in der schwäbischen Provinz und der Hauptstadt ähnlich gewesen sein: Der HBW kassierte im Nachholspiel gegen den SC Magdeburg eine klare 23:28-Niederlage das Spree-Ensemble verpasste den Einzug ins DHB-Pokalviertelfinale deutlich.
Gegen den Branchenführer Kiel war der Bundesliga-Zweite vor heimischer Kulisse am Ende chancenlos. 47 Minuten lang bissen sich die Füchse fest. Dann wechselte THW-Coach Alfred Gislason die Torhüter (Andreas Palicka für Thierry Omeyer). Die Kieler Abwehr rührte Beton an, kassierte in der Schlussphase zwölf Minuten lang keinen Gegentreffer mehr und zog Tor um Tor davon. Den schönsten Treffer erzielte der starke Christian Zeitz, welcher einen langen Heinevetter-Pass in der eigenen Hälfte abfing und den Ball von dort aus auf direktem Weg zum 39:27 in den Berliner Kasten beförderte. Am Ende hieß es 39:28 für den Titelverteidiger. „Wir haben insgesamt gar nicht so schlecht gespielt, aber Kiel war einfach besser“, räumte Dagur Sigurdsson unumwunden ein. Der isländische Füchse-Dompteur ergänzt: „Sie haben unsere Abwehr mehrmals auseinander genommen und sind damit zu leichten Torchancen gekommen. Das hat unseren Torhütern das Leben schwer gemacht, sie sind nicht in den Rhythmus gekommen. Trotzdem sind wir irgendwie drangeblieben bis Mitte der zweiten Halbzeit. Als der THW dann wieder auf vier Tore davonzog, ging unser Mut verloren. Wir haben es dann mit offensiver Abwehr versucht, das war dann die weiße Fahne. Kiel zog dann weg, und wir haben leider zum Schluss zu viele Tore kassiert. Aber so ist das halt, wenn man zu früh aufgibt.“
Die Schwaben haben gegen Magdeburg zwar nie aufgegeben und dennoch war das Duell mit dem Traditionsklub aus Sachsen-Anhalt am Ende eine klare Angelegenheit. „Ich bin sehr zufrieden, dass wir diese schwierige Aufgabe lösen konnten“, konstatierte SCM-Trainer Frank Carstens, „schließlich haben unsere Konkurrenten aus Lübbecke und Lemgo in Balingen verloren.“ Die Truppe von Dr. Rolf Brack hat allerdings nicht mehr die Klasse, um einen Gegner vom Format des Tabellensechsten ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Die Ostdeutschen kamen nach einem 4:0-Lauf des HBW zum 18:20 (40. Minute) zwar noch einmal in Bedrängnis wirklich gefährdet war der Magdeburger Auswärtserfolg allerdings nicht. „Dazu haben wir unter dem Strich viel zu viele Fehler gemacht“, haderte der Balinger Coach, welcher nach dem Seitenwechsel elf Fehlwürfe notierte. Allein drei in Folge von Roland Schlinger, der in der spielentscheidenden Phase als einziger Verantwortung übernahm allerdings keinen Erfolg hatte. „Wir haben auch gut verteidigt“, meinte Carstens, „und die Balinger haben nicht mehr zuverlässig aus dem Rückraum getroffen.“ Auf der Gegenseite nutzte der erste deutsche Champions-League-Sieger seine Chancen konsequent, zog vorentscheidend auf 25:20 (49.) davon. Immer wieder hebelte die Achse Tönnesen/Jurecki die Balinger Defensivabteilung aus, welche keine Mittel gegen den bulligen Polen am Kreis fand. „Wir haben Daniel Sauer noch nie so vermisst wie heute“, betonte Brack, der nach den fünf Spielen in 18 Tagen „deutliche Verschleißerscheinungen“ ausmachte. Besorgt fügte der 58-Jährige hinzu: „Wir müssen irgendwie schauen, dass wir bis zum Heimspiel gegen Aufsteiger Bergischer HC wieder 20 Prozent mehr Leistung draufpacken.“
Da passt die schwere Begegnung in Berlin (Sonntag, 17.30 Uhr, Max-Schmeling-Halle) so gar nicht in das Konzept des Sportwissenschaftlers. „Wir schenken das Spiel natürlich nicht her“, so Brack weiter, „wir werden versuchen, einige Dinge zu entwickeln.“ Vor allem in der Offensive hakte es in den vergangenen beiden Spielen gewaltig. „Die vielen Ausfälle sind schwer zu ersetzen“, erklärte der Dozent der Universität Stuttgart, der in der Hauptstadt dennoch auf ein achtbares Ergebnis hofft. In den vergangenen Jahren lieferte der HBW den Füchsen stets ein Duell auf Augenhöhe und auch am Sonntag sind die Schwaben nicht chancenlos. Die Berliner mussten zuletzt der Dreifachbelastung in der Liga, im Pokal und der europäischen Königsklasse Tribut zollen. Nach seiner Muskelverhärtung traf Sven-Sören Christophersen gegen Kiel nicht, Ivan Nincevic blieb blass, und von der Füchse-Bank kamen nur wenige Impulse. Dennoch stapelte HBW-Geschäftsführer Bernd Karrer nach der zweiten Niederlage in Folge tief: „Wir sind nicht so gut, wie es uns viele einreden wollen und kämpfen immer noch gegen den Abstieg!“