Spielbericht aus dem Zollernalbkurier
HBW ärgert Kiel 45 Minuten lang
von Marcus Arndt
Gegen Rekordmeister THW Kiel kassierte der Balinger Handball-Bundesligist gestern Abend die erste Heimniederlage in der laufenden Saison. Die fiel am Ende mit 21:31 (11:17) deutlich aus. Dennoch: Der HBW verkaufte sich mit dem letzten Aufgebot teuer – spielte 45 Minuten lang auf Augenhöhe mit dem Branchenführer. In der Schlussviertelstunde gelang der Mannschaft von Trainer Dr. Rolf Brack allerdings nur noch ein Treffer. Kiel nutzte die Balinger Offensivflaute und kam nach 8:1 Toren zu einem klaren 31:21-Erfolg. „Die Kieler 3:2:1-Abwehr war in den Schlussminuten der Schlüssel zum Erfolg“, analysierte der Balinger Coach, „meine Spieler waren mit dieser Deckung total überfordert.“
Dennoch war der Sportwissenschaftler von den Filder „an sich nicht unzufrieden“, schließlich fiel nach Sascha Ilitsch (Mittelfußbruch) und Roland Schlinger (Nasenbeinbruch) auch noch Dennis Wilke (grippaler Infekt) aus. „Das war ein harter Schlag für uns“, räumte der Sportwissenschaftler unumwunden ein, welcher gegen den Rekordmeister kaum Alternativen auf der Bank hatte. Zwar rückte Christoph Foth aus dem Perspektivteam in die Mannschaft, doch in allen Systemen fehlten entscheidende Protagonisten.
Wie sollte das gegen die Zebras funktionieren, welche die Liga in den vergangenen Wochen dominiert haben. „Wir können befreit aufspielen“, betonte der Balinger Kommandogeber, „Kiel muss gewinnen – wir haben nichts zu verlieren.“ Der Meister begann hochkonzentriert: stark in der sehr beweglichen 5:1-Abwehr und unglaublich sicher im Abschluss. Logische Konsequenz: Nach 180 Sekunden führte der THW mit 2:0, ehe Daniel Sauer den Anschluss herstellte (1:2/ 4.). Den Zwei-Tore-Vorsprung konservierte Christian Sprenger, während die Balinger immer wieder an THW-Keeper Thierry Omeyer scheiterten. Der Franzose parierte auch den ersten Herth-Siebenmeter, den der Nationalspieler im Nachwurf verwandelte (3:3/ 8.). Ein Treffer mit Signalwirkung: In der Folgezeit entwickelte sich ein Duell auf Augenhöhe, mit leichten Vorteilen für den Tabellenführer, welcher die Balinger Defensivabteilung immer wieder über die rechte Seite aushebelte. Sprenger stellte mit einem Doppelpack den alten Abstand wieder her (5:7/ 11.). Per Strafwurf sorgte Momir Ilic für die erste Drei-Tore-Führung der Norddeutschen (6:9/ 14.).
Brack wechselte das Personal, brachte die zweite Reihe – und Kiel kurzzeitig aus dem Konzept. Fabian Gutbrod und Philipp Keinath verkürzten auf 7:8 (18.). Beim knappen Rückstand blieb es zu-nächst (9:11/ 21.), doch Kiel wurde wieder stärker. Per Auszeit versuchte der HBW-Coach erneut Struktur ins Angriffsspiel zu bekommen. Mit Erfolg: Alexandros Alvanos und Gutbrod hielten die Schwaben weiter im Spiel (11:12/ 25.), ehe Daniel Narcisse, Momir Ilic (2) und Marcus Ahlm auf 17:11 erhöhten (29.).
Nach dem Seitenwechsel zog der THW weiter davon (18:11/ 31.), während der HBW keine Mittel gegen die THW-Defensivabteilung fand. Kai Häfner betrieb Ergebniskosmetik, doch der Branchen-führer dominierte auch in der Folgezeit Ball und Gegner.
Die Schwaben kämpften unverdrossen weiter, mobilisierten die letzten Kraftreserven und waren nach einem 4:0-Lauf wieder dran (17:21/ 39.). Kiel konterte zum 23:18, doch Frank Ettwein düpierte Omeyer aus dem Nullwinkel und Alvanos verkürzte weiter zum 20:23 (46.). „Da waren wir physisch an der Grenze“, sagte Brack. Sein Gegenüber Alfred Gislason stoppte die schwäbische Offensive schließlich per Auszeit. Die einminütige Ansprache des Isländers zeigte Wirkung: Humorlos beendeten Christian Zeitz und Filip Jicha die Balinger Aufholjagd (20:26/ 51.). Die Entscheidung.
Auch in den Schlussminuten blieb der frühere Champions League-Sieger am Drücker und gewann am Ende deutlich mit 31:21. „Der fiel zu hoch aus“, meinte Gislason und fügte hinzu: „In Balingen ist es immer schwierig. Ich hatte immer noch das Dezember-Spiel von 2009 im Hinterkopf. Beim 20:23 stand das Spiel auf der Kippe. Danach haben wir wieder Vollgas gegeben und verdient gewonnen.“
HBW Balingen-Weilstetten – THW Kiel: Teams & Tore
HBW Balingen-Weilstetten: Ziemer (12. – 51., 19 Gegentore/ 4 Paraden), Puhle (1. – 12. und ab 51., 12/ 2); Alvanos (4), Herth (4/1), Strobel (3), Gutbrod (3), Ettwein (2), Sauer (2), König (1), Keinath (1), Häfner (1), Wessig, Bürkle, Foth.
THW Kiel: Omeyer (1. – 60., 21 Gegentore/ 13 Paraden), Palicka (n. e.); Narcisse (6), Ilic (6/3), Ahlm (5), Jicha (4), Sprenger (3), Klein (3), Zeitz (2), Andersson (1), Reichmann (1), Kubes (n. e.), Dragicevic (n. e.).
Schiedsrichter: Harms/ Mahlich (Magdeburg/Stendal).
Zuschauer: 2350.
Spielfilm: 2:3 (6.), 3:3, 4:5, 6:7 (12.), 6:9, 11:12, 11:14 (26.), 11:17 – 13:21 (35.), 15:21, 17:22, 20:23 (46.), 20:25, 21:27, 21:30 (59.), 21:31.
Zeitstrafen: 8:6 Minuten (Wessig, Foth, Keinath, W. Strobel – Sprenger/2, Ahlm).
Siebenmeter: 2/1:3/3 (Herth scheitert an Omeyer/ 7.).
Nächstes Spiel: HSG Wetzlar – HBW Balingen-Weilstetten (14. Oktober, 19.45 Uhr, RITTAL-Arena Wetzlar)