Spielbericht aus dem Zollernalbkurier

Schwaben fertigen Altmeister ab

von Marcus Arndt
Der Balinger Handball-Bundesligist hat weiterhin nichts mit dem Abstieg zu tun. Im wichtigen Heimspiel gegen den TV Großwallstadt setzte sich der HBW mit 27:20 (13:13) durch.

In der richtungsweisenden Partie gegen den Tabellennachbarn vom Untermain überraschte HBW-Coach Dr. Rolf Brack mit einer doch recht unkonventionellen Aufstellung: Der Sportwissenschaftler beorderte Ösi-Bomber Roland Schlinger in den zentralen Rückraum, flankiert von den Youngstern Fabian Gutbrod und Kai Häfner auf den Halbpositionen sowie Benjamin Herth auf Linksaußen. Die taktischen Winkelzüge des 57-Jährigen griffen. Die Schwaben führten nach knapp drei Minuten mit 2:0: durch Häfner und Schlinger. Der Altmeister konterte mit einem 4:1-Lauf (4:4/ 8.) und bereits nach den ersten Minuten war klar: Das wird nicht einfach für das Team um Kapitän Wolfgang Strobel. Michael Spatz sorgte in Überzahl für die erneute Gästeführung, welche Steffen Weinhold weiter ausbaute (4:6/ 10.). Auf der Gegenseite tat sich der HBW zunehmend schwer gegen die ebenso kompakte wie kompromisslose TVG-Abwehr. Und das hatte Folgen: Jens Bürkle stellte vom Kreis zwar noch einmal den Anschluss her, ehe der Ex-Balinger Stefan Kneer für die erste Drei-Tore-Führung der Franken sorgte (5:8/ 14.).

Brack reagierte und bat seine Truppe zur Extrabesprechung an die Seitenlinie. Der HBW-Kommandogeber beorderte seine vermeintlich erste Sieben auf die Platte und stellte die Defensive um. Die Rochaden zeigten Wirkung: Alexandros Alvanos brachte die Balinger wieder in Schlagdistanz (7:8/ 17.). Der TVG verteidigte in Unterzahl seinen Vorsprung (7:10/ 19.). „In der Abwehr hatten wir Probleme“, räumte Brack unumwunden ein.Seine Mannschaft wurde sukzessive stärker, hatte allerdings im Angriff weiterhin große Schwierigkeiten gegen die Unterfranken, welche sehr variabel verteidigten. Per Siebenmeter verkürzte Herth (10:11/ 24.), doch immer wieder hebelte Großwallstadt die Balinger Defensivabteilung geschickt über den Kreis und Rechtsaußen aus. Aus der Nahdistanz netzte Jens Tiedtke zum 13:11 für die Gäste ein (26.) und nur Sekunden später kam Spatz frei zum Abschluss. Der Linkshänder traf jedoch nicht und auf der Gegenseite wanderten Ex-Nationalspieler Tiedtke und Jakobsson binnen kurzer Zeit auf die Strafbank. Die numerische Überlegenheit nutzte Balingen-Weilstetten zum 13:13-Ausgleich durch den spielstarken Griechen Alvanos. Mehr war nicht drin, obwohl Schlinger noch einmal einen direkten Freiwurf an den Pfosten setzte. „Ich hätte mir eine Pausenführung gewünscht“, trauerte TVG-Coach Peter David den vergebenen Chancen nach, während sein Gegenüber zufrieden konstatierte: „Wir waren mit dem Ergebnis gut bedient.“

Nach dem Seitenwechsel sorgte Schlinger in Unterzahl für die 14:13-Führung des Aufsteigers von 2006, welche Martin Ziemer festhielt. Doch auch sein Gegenüber Martin Galia steigerte sich und es blieb zunächst ein Duell auf Augenhöhe mit zwei starken Abwehrreihen und einem sensationellen Ziemer, der über 13 Minuten ohne Gegentor blieb. „Die Torhüterleistung hat eine Riesenrolle gespielt“, analysierte Brack.

Der HBW nutzte die Schwächephase der Unterfranken konsequent und zog durch Tore von Schlinger (2), Alvanos, Strobel und Häfner zunächst auf 18:13 davon (38.). Gästetrainer David reagierte und versuchte seine Mannschaft mit einer frühen Auszeit neu einzustellen. Ohne Erfolg: Häfner erzielte den 19. Balinger Treffer, ehe Joakim Larsson die Großwallstädter Torflaute beendete (19:14/ 43.). Den Fünf-Tore-Vorsprung konservierte der HBW zunächst (21:16/ 47.), doch der Altmeister gab sich nicht geschlagen, verteidigte weiter mit harten Bandagen. Vergebens. Der TVG-Trainer warf schließlich den letzten Rettungsanker und versuchte per kurzer Deckung Schlinger aus dem Spiel zu nehmen. Doch auch das klappte nicht: Der Österreicher erhöhte sechs Minuten vor dem Ende auf 25:19. Die Entscheidung!

In der Schlussphase verwaltete der HBW die klare Führung, verpasste es jedoch, sich weiter abzusetzen. „Die letzten Aktionen haben mir nicht gefallen“, sagte Brack. Am Ende war er jedoch froh, „dass wir dieses wichtige Spiel gewonnen haben.“ Süffisant merkte er an: „Erstmals stehen wir in dieser Phase der Saison vor Frisch Auf Göppingen . . .“

Die Mannschaften

HBW Balingen-Weilstetten: Puhle (1. 30., 13 Gegentore/ 5 Paraden), Ziemer (ab 30., 7/ 10); Schlinger (8), Alvanos (6), Häfner (5), Herth (2/1), Ettwein (2), W. Strobel (1), Bürkle (1), König (1), Gutbrod (1), Sauer, Wilke, Wessig, Slundt (n. e.).

TV Großwallstadt: Galia (1. 40. und ab 52., (21 Gegentore/ 8 Paraden), Wolff (40. 52., 6/ 2); Spatz (4), Kneer (3), Larsson (3), Weinhold (2), Tiedtke (2), Maas (2), Köhrmann (2/1), Holst (1), Liebald (1), Schäpsmeier, Eisenträger, Jakobsson.

Schiedsrichter: 

Immel/ Klein (Tönisvorst/ Ratingen).

Zuschauer: 

2200.

Spielfilm: 

2:1 (4.), 3:4, 5:8, 7:9 (17.), 9:10, 11:13, 12:13 (27.), 13:13 15:13 (34.), 19:13, 19:15, 22:17 (48.), 24:18, 25:19, 26:20 (58.), 27:20.

Zeitstrafen: 

8:12 Minuten (Gutbrod/ 2, Wilke, König Larsson/ 2, Liebald, Weinhold, Jakobsson, Tiedtke).

Siebenmeter: 

2/1:3/1 (Puhle hält gegen Spatz/ 1., Ziemer hält gegen Köhrmann/ 35. Galia hält gegen Wilke/ 20.).

Nächstes Spiel: 

TSV Hannover-Burgdorf - HBW Balingen-Weilstetten (24. Februar, 19.45 Uhr, AWD-Hall).

aus dem Zollernalbkurier

HBW dreht das Spiel nach der Pause

von Marcus Arndt
Der HBW Balingen-Weilstetten hat im richtungsweisenden Heimspiel gegen Altmeister TV Großwallstadt zwei wichtige Punkte geholt. Da gingen sich Protagonisten neben der Platte konform.

Nicht einverstanden waren die Verantwortlichen des Altmeisters mit dem Auftritt ihrer Mannschaft nach der Pause. „Die Art und Weise tut richtig weh“, räumte Teammanager Uli Wolf unumwunden ein, nachdem die Unterfranken nach dem Seitenwechsel über 13 Minuten ohne Torerfolg geblieben und vorentscheidend mit 13:19 (42. Minute) zurückgefallen waren. „Es ist für mich in keinster Weise nachzuvollziehen, wieso wir so lange kein Tor schießen“, haderte auch TVG-Coach Peter David. Der ließ nichts unversucht, um den 6:0-Lauf der Schwaben zu brechen, zückte früh die Grüne Karte (38.) und wechselte das Personal. Ohne Erfolg. „Der HBW hat das Spiel nach der Pause gedreht“, analysierte der Slowake, welcher einen überzeugenden Auftritt seiner Truppe bis zur 27. Minute sah.

Mit 13:11 führte Großwallstadt beim Tabellennachbarn, ehe der HBW eine doppelte Überzahl zum Ausgleich nutzte. Dennoch sei es zur Pause ein „gefühlter Rückstand“ gewesen, gestand Rolf Brack ein. Der Balinger Kommandogeber ergänzte: „Wir sind in der Abwehr nicht gut gestanden.“ Das änderte sich nach dem Seitenwechsel. Die Franken kamen gegen physisch unglaublich starke Schwaben schnell an ihre Grenzen, rieben sich im Positionsangriff auf und fielen deutlich zurück. Einzig beim 17:21 (47.) und 18:22 (48.) kam der TVG noch einmal heran, ehe die Balinger den alten Sechs-Tore-Abstand wieder herstellten (24:18/ 52.). „Ich habe die zweite Halbzeit positiv erlebt“, bilanzierte HBW-Geschäftsführer Bernd Karrer und wagte einen couragierten Ausblick in die nahe Zukunft: „In Hannover haben wir noch lange nicht verloren.“

Stimmen und Meinungen aus dem Zollernalbkurier

„Ich weiß nicht, was da passiert ist“

von Reinhard Linder
Im zweiten Heimspiel dieses Jahres hat es geklappt. Der HBW Balingen-Weilstetten hat zwei Punkte geholt und sich zurecht von den 2200 Zuschauern in der SparkassenArena feiern lassen.

17 Minuten lang blieb die Truppe von Trainer Dr. Rolf Brack ohne Gegentor. Jens Tiedtke hatte vor der Pause zum 13:11 für die Gäste getroffen, nach dem Kabinengang vernagelte der frisch gekommene Keeper Martin Ziemeraber seinen Kasten und ließ sich erst in der 44. Minute von Joakim Larssonüberwinden. „Ich weiß nicht, was da passiert ist“, rätselte der Schwede auch noch lange nach dem Abpfiff: „Wir sind rausgekommen und waren mental nicht bereit. Seit ich hier bin, habe ich noch nie so eine schlechte Leistung erlebt.“

Den kollektiven TVG-Aussetzer nutzten die Schwaben zu einem 8:0-Lauf. HBW-Kapitän Wolfgang Strobel hatte bereits nach einer Dreiviertelstunde „das Gefühl, dass wir das Spiel im Griff haben und gewinnen werden“. Sein Einsatz hing lange Zeit am seidenen Faden, erst nach dem Aufwärmen hatte er erfahren, dass er spielen werde, obwohl er nach seiner Verletzung nur einmal mit der Mannschaft trainiert hatte. Infolge des Ausfalls von Sascha Ilitsch (Innenbandriss) war Strobel unverzicht-bar für die 3:2:1-Abwehr.

Zunächst stellte Brack dem Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt seine junge Garde mit einer 6:0-Defensivformation entgegen. Diese spielte nicht schlecht, hatte jedoch vorne Pech bei den Abschlüssen und hinten bei Abprallern, die ausnahmslos beim TVG landeten. Nach einer Viertelstunde wechselte Brack sein Personal. Tatsächlich gelang es der 3:2:1-Deckung um Strobel, die Lücken zu stopfen und nach der Pause die Führungsspieler der Franken vollends zu zermürben. „Keiner von uns hat über das Spiel gegen die Rhein-Neckar Löwen gesprochen, aber wir hatten es alle im Hinterkopf“, erinnerte Strobel an die Partie vor zehn Tagen, als nach der Pause gar nichts lief. Einen solchen Start in die zweite Halbzeit habe sich die Mannschaft nicht leisten können: „Jedem war klar, dass wir Vollgas geben müssen. Plötzlich hat die Abwehr funktioniert und Ziemer hat klasse gehalten.“

Fast die gesamte Spielzeit über stand Roland Schlinger auf der Platte. In der Anfangsformation betätigte er sich als Spielmacher, später mit acht Toren als Vollstrecker. „Im Training hat die 6:0-Abwehr ganz gut geklappt und auch der Angriff mit mir in der Mitte. Leider war das im Spiel nicht so“, sagte der Österreicher. Vielmehr sei er stocksauer gewesen, dass der Ball nicht so gelaufen sei, wie es hätte sein sollen. Als es aber gelungen sei, den Drei-Tore-Rückstand aufzuholen, habe er gewusst, „dass wir gewinnen werden, weil wir den Sieg unbedingt wollten“. Dieser sei auch nach 45 Minuten nicht mehr in Gefahr geraten, weil die Fehler in der Abwehr durch eigene Tore ausgeglichen worden seien.

Ein in der Offensive absolut fehlerfreies Spiel hat Kai Häfner gemacht. Bei fünf Versuchen war er fünfmal erfolgreich, alles, was er versuchte, klappte auch. „Natürlich freut man sich, wenn man einigermaßen gespielt hat. Doch noch größer ist die Freude über den Sieg und den haben wir einer geschlossenen Mannschaftsleistung zu verdanken“, wies er persönliche Lorbeeren weit von sich. Und auch Ziemer, der nach der Pause für Matthias Puhle zwischen die Pfosten gerückt war, wollte seine Leistung nicht überbewertet wissen. „Die Abwehr hat funktioniert.“ Es freue ihn, dass er vor dieser fantastischen Kulisse etwas zum Sieg habe beitragen können, und dass er hoffentlich auch dem letzten Kritiker, der ihm seinen Wechsel nach Hannover ankreide, habe beweisen können, „dass ich mir hier meinen Arsch aufreiße. Ich bin stolz bei Balingen-Weilstetten zu spielen.“ Auch am kommenden Freitag werde er gegen seinen künf-tigen Klub Hannover-Burgdorf alles geben. Denn diese Begegnung sei ebenso wie 67,8 Prozent aller Partien ein richtungsweisendes Spiel für den HBW. 

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