Spielbericht des HBW-Pressedienstes
Mit dem Wintereinbruch auf der Alb erwischt der HBW die Göppinger eiskalt
In einem typischen Lokalfight hat der HBW Balingen-Weilstetten am Samstagabend gegen Frischauf Göppingen zwei weitere Punkte im Kampf um den Klassenerhalt unter Dach und Fach gebracht. Vor allem in der zweiten Halbzeit konnte der Favorit aus dem Filstal seiner Rolle nie gerecht werden und war dem Underdog aus Balingen in allen Belangen unterlegen. Mit dem 29:25(13:13)-Erfolg zogen die „Gallier von der Alb“ nach Punkten mit dem aktuellen EHF-Pokalsieger aus Göppingen gleichen und haben jetzt die große Chance mit einem weiteren Erfolg im nächsten Lokalderby gegen den Aufsteiger TV Neuhausen mit einem ausgeglichen Punktekonto den Sprung ins Tabellenmittelfeld zu schaffen. Göppingen hingegen stürzt nach der Niederlage in Balingen und dem Ausscheiden aus dem DHB-Pokal am vergangenen Mittwoch, in eine tiefe Krise und muss einen völlig misslungen Saisonstart zur Kenntnis nehmen und verarbeiten.
Fast dreieinhalb Jahre liegt der letzte Sieg des HBW Balingen-Weilstetten gegen den Altmeister und zweimaligen EHF-Pokalsieger Frischauf Göppingen zurück. Nach dem damaligen 24:23-Erfolg rückten die Filstäler die Verhältnisse im Ländle bei jedem Spiel erneut zurecht und ließen dem Low-Budget-Club von der Alb keine Möglichkeit am Thron der Grün-Weißen zu rütteln. Dementsprechend waren auch die Rollen vor dem jüngsten Schwaben-Derby verteilt, aber die zurückliegenden Spiele beider Mannschaften nährten bei den „Gallier von der Alb“ die Hoffnung dem Favoriten ein Bein zu stellen. Akribisch hatte Balingens Trainer Dr. Rolf Brack die wenigen Trainingseinheiten genutzt, seine Mannschaft auf das emotionale Highlight der Saison vorzubereiten und nicht ganz ohne Stolz konnte er in der abschließenden Pressekonferenz feststellen: „Es war eine unglaublich Sehnsucht von uns und auch eine Gier nach Erfolg.“ Diese Gier nach Erfolg hatten sicherlich auch die Gäste aus Göppingen mit nach Balingen gebracht. Sie hatten die Absicht mit aggressivem und körperbetontem Spiel den Balingern in der eigenen Halle den Schneid abzukaufen, um der Partie ihren eigenen Stempel aufzudrücken zu können.
Damit hatte der EHF-Pokalsieger in den vergangenen Jahren gegen den HBW immer wieder Erfolg, aber am Samstagabend spielten die beiden sehr gut leitenden Unparteiischen Robert Schulze und Tobias Tönnies nicht mit. Sie schickten bereits in den ersten zehn Minuten zwei Göppinger zum Abkühlen auf die Bank und zeigten damit den Akteuren auf der Platte ganz schnell wo ihre Grenzen sind. „Wir wollten mit viel Leidenschaft in der Abwehr spielen, aber nach den zwei schnellen Zeitstrafen war davon nicht mehr viel zu sehen“, war für Frischauf-Trainer Velimir Petkovic ein Grund dafür, dass seine Mannschaft die personelle Überlegenheit nicht ausspielen konnte.
Der HBW nutzte zunächst die Verunsicherung der Gäste und konnte mit 5:3 in Führung gehen. Allerdings leisteten sich die Hausherren in der Folge zu viele technische Fehler und unpräzise Würfe auf das Göppinger Tor. Dadurch blieben die Filstäler im Spiel. Als sich HBW-Torhüter Matthias Puhle nach zwölf Minuten schwer verletzt hatte und vom Platz getragen werden musste, war die Verunsicherung bei den Hausherren unübersehbar und Göppingen konnte mit 5:7 vorlegen. Beim 8:11 durch den Göppinger Spielmacher Tim Kneule in der 24. Spielminute deutete vieles darauf hin, als ob der Favorit die Partie im Griff hätte. Der Underdog steckte jedoch nicht auf und ausgerechnet in Unterzahl gelang Florian Billek der Anschlusstreffer zum 11:12. Göppingens Trainer reagiert in Form einer Auszeit, die allerdings nichts ein brachte und Benjamin Herth erzielte per Strafwurf den 13:13-Halbzeitstand.
Die zweiten dreißig Minuten gehörten eindeutig dem HBW. Die Hausherren hatten den Schock nach dem Ausfall von Puhle nicht zuletzt deshalb verdaut, weil sich Milos Putera im Balinger Gehäuse von Minute zu Minute steigerte und eine derart grandiose Leistung ablieferte, dass er von seinem Trainer nach Spielende eine Sonderlob bekam. Selbst eine doppelte Unterzahl konnte die „Gallier von der Alb“ beim Stande von 18:15 (41. Min.) nicht mehr aus dem Rhythmus bringen. Die Abwehr hatte ihre Abstimmung gefunden und im Angriff passten die Spielzüge bis zum erfolgreichen Abschluss. Die mannschaftliche Geschlossenheit domminierte endgültig über die nahezu brotlosen Einzelaktionen des Favoriten. Frischauf Göppingen fand in einer tosenden „Hölle Süd“ einfach nicht mehr statt. Bis auf fünf Tore beim Stand von 26:21 konnte sich der HBW absetzen.
Nach einem Wechselfehler im Anschluss an eine Auszeit schien dieser Vorsprung aber nochmals in Gefahr zu geraten. Die Hoffnungen der Göppinger machte mit Spielmacher Felix König allerdings einer der jüngsten, die auf der Platte standen, zunichte. Einen Tag nach seinem 22. Geburtstag wirbelte er die international erfahrene Abwehr der Gäste nach Belieben durcheinander. Entweder um kurvte er die Göppinger Nationalspieler wie Slalomstangen und versenkte den Ball selber im Frischauf-Gehäuse oder aber er brachte mit seiner Spielsteuerung und seinen Pässen die Gäste-Abwehr ein ums andere Mal in Verlegenheit. Als König in der 58. Spielminute das 28:22 erzielte war der Drops gelutscht und der Rest war Jubel pur.
Stimmen zum Spiel:
Dr. Rolf Brack, Trainer HBW Balingen-Weilstetten: „Wir wollten im Angriff flüssiger, geduldiger und druckvoller spielen und auf unsere Chance warten. Dies hat in der ersten Halbzeit nur bedingt funktioniert und nach dem 5:3 haben wir zu viele Fehler gemacht. In der zweiten Halbzeit hatten wir dann schon eine sehr hohe Angriffseffektivität mit nur acht technischen Fehlern, was uns einen großen Vorteil gegenüber Göppingen gebracht hat.
In der Abwehr hatten wir uns vorgenommen, mit verschiedenen Abwehrvarianten viel Druck zu machen und so konnten wir allein in der zweiten Hälfte sieben sogenannte einfache Tore aus der ersten und zweiten Welle erzielen. Dann war natürlich Milos Putera ein Trumpf mit dem wir in dieser Qualität nicht unbedingt rechnen konnten und was Felix König vorne im Eins-gegen-Eins gespielt hat, war allererste Sahne.
Jetzt wollen wir natürlich unsere kleine Serie in Neuhausen krönen und da freue ich mich jetzt schon drauf.“
Velimir Petkovic, Trainer Frischauf Göppingen: „Ich gratuliere Rolf Brack. Es war ein hochverdienter Sieg, weil den Balinger alles gelungen ist und bei uns hat überhaupt nichts gepasst. Nach der zweiten Halbzeit gegen Magdeburg haben wir für heute große Hoffnung gehabt und wir sind auch gut ins Spiel gekommen. Obwohl wir gestern noch das Überzahlspiel trainiert haben, haben wir heute die gleichen Fehler wie gegen Magdeburg wieder gemacht. So sind wir statt mit 15:11 mit 13:13 in die Halbzeitpause. Für die zweite Halbzeit habe ich einfach keine Erklärung. Die Jungs haben ohne Kopf gespielt. Es tut mir leid für diese Leistung. Ich entschuldige mich auch im Namen der Mannschaft bei unseren Fans, die uns auch hier versucht haben zu unterstützen. Es sind schwere Zeiten für uns, aber wir kommen zurück.“
Bernd Karrer, Manager HBW Balingen-Weilstetten: „Dass wir jetzt punktgleich sind mit Göppingen ist mir eigentlich egal. Wir schauen nicht nach den anderen. Uns ist es wichtig, dass wir jetzt neun Punkte haben. Unser Ziel ist klar definiert. Wir wollen am Ende über dem Strich stehen und je schneller wir das schaffen, umso besser. Man muss insgesamt sehen, was die letzten Wochen bei uns geleistet wurde. So kann es weiter gehen und wie unser Trainer schon gesagt hat, können wir alles in zwei Wochen in Tübingen krönen. Wenn die zwei schweren Verletzungen von Puhle und Gutbrod nicht wären, wäre meine Stimmung noch etwas euphorischer.“
Die Mannschaften
HBW Balingen-Weilstetten: Milos Putera, Matthias Puhle (TW); Felix König 4, Christoph Foth, Benjamin Herth 8/4, Dragan Tubic 2, Frank Ettwein 2, Roland Schlinger 5, Christoph Theuerkauf, Daniel Wessig, Kai Häfner 4, Florian Billek 1, Fabian Gutbrod, Manuel Liniger 3/1;
Frischauf Göppingen: Tomas Mrkva, Bastian Rutschmann (TW); Tim Kneule 5, Dragos-Nicolae Oprea 2, Christian Schöne, Manuel Späth 1, Bojan Beljanski 1, Felix Lobedank 5, Michael Haaß 4, Daniel Fontaine 2, Momir Rnic 3/1, Maximilian Schubert 2, Pavel Horak, Zarko Markovic;
Zeitstrafen:
HBW 6, Göppingen 5;
Strafwürfe:
HBW 6/5, Göppingen 1/1;
Nächstes Spiel:
TV Neuhausen – HBW Balingen-Weilstetten, Freitag, den 9. November, 19.45 Uhr, Paul-Horn-Arena in Tübingen.