Offizielle Saisoneröffnung
Lobende Worte von Bundestrainer Martin Heuberger bei der Saisoneröffnung
Quelle: Markus Arndt, Zollern-Alb-Kurier
Gegen Altmeister VfL Gummersbach startet der Balinger Handball-Bundesligist Anfang September in die neue Saison. Gestern Abend präsentierte sich der HBW beim Hauptsponsor Sparkasse Zollernalb.
„Wir beim HBW reden nicht nur über die Misere im deutschen Handball, sondern wir handeln“, betont Dr. Rolf Brack im Gespräch mit Sport 1-Moderator Markus Götz, der eloquent und fachkundig durch die Saisoneröffnung der Schwaben führte. Das „Konzept Jugend forsch – gib der Jugend aus der Region für die Region eine Chance“ greife, meint der renommierte Übungsleiter, welcher allerdings nur zu genau weiß: „Wir müssen uns alle im Klaren darüber sein, dass die jüngste und bodenständigste HBW-Mannschaft aller Zeiten mindestens ein Jahr brauchen wird, um das vorhandene Leistungspotenzial auch auszuschöpfen.“ Und während die Konkurrenten aus Solingen, Hildesheim und Hannover „internationale Topspieler“ (O-Ton Brack) verpflichtet, nahm der HBW fünf Deutsche mit „hohem Talentfaktor“ unter Vertrag.
Das dürfte vor allem einen freuen: den neuen Bundestrainer Martin Heuberger. Der sympathische Schutterwälder sucht den Dialog mit der Liga – und nahm gerne die Einladung der Schwaben an. Der Brand-Nachfolger sprach über seine Ziele, Pläne und Visionen. „Was war, das war“, sagt Heuberger bei seiner Stippvisite in der Sparkasse Zollernalb in Balingen mit Nachdruck. Er fügt hinzu: „Als Bundestrainer brauche ich die Liga, und die Liga braucht den Erfolg der Nationalmannschaft. Wir sind also aufeinander angewiesen.“ In den vergangenen Jahren blieb das DHB-Team bei Welt- und Europameisterschaften allerdings blass – nur der Nachwuchs überzeugte. Was die Junioren angeht, mit denen Heuberger in Griechenland den Gewinn des WM-Titels feierte, ist der A-Trainer natürlich um eine bessere Förderung seiner nun ehemaligen Schützlinge bemüht. Gerade, wenn es darum geht, sie auf höchstem Niveau in der Bundesliga einzubinden. Das mache der HBW vorbildlich, lobt der 47-Jährige, welcher klarstellte, dass er nicht anstelle der Klubs in die Bresche springt und den Nachwuchskräften Spielzeit in der Nationalmannschaft gewähre. „Die EM ist zu wichtig für Experimente“, so Heuberger mit Blick auf das nächste große Turnier im Januar in Serbien: „Wir alle haben das große Ziel Olympia vor Augen.“
Ehrgeizige Ziele verfolgt auch der Aufsteiger von 2006 in den kommenden Jahren. Mit dem erneuten Klassenerhalt in der Saison 2011/2012 wollen die Balinger einen weiteren Schritt in Richtung vom Ausbildungsverein zum etablierten Erstligisten machen. Um sich langfristig in der Beletage des deutschen Handballs zu behaupten, müssen die Schwaben allerdings ihren Etat von 2,2 Millionen Euro markant erhöhen. „Das geht nur über eine größere Halle“, stellt Präsident Arne Stumpp klar, der das Projekt „Erweiterung der SparkassenArena“ mit Geschäftsführer Bernd Karrer intensiv vorantreiben möchte. „Wir brauchen eine größere Zuschauerkapazität bei den Sitzplätzen“, erklärt Stumpp, „sonst wird es schwierig, den Bundesliga-Standort Balingen zu behaupten. . .“
Normalität birgt Gefahren
Handball-Bundesliga: HBW steht erneut vor einer schweren Saison
Quelle: Markus Arndt, Zollern-Alb-Kurier
Der Bundesliga-Alltag hat den HBW eingeholt. Die Gesetze der Branche greifen, die Euphorie der ersten Jahre ist verflogen. Diesem Trend wollen die Protagonisten auf und neben der Platte entgegenwirken.
„Das Außergewöhnliche scheint in Balingen Normalität geworden zu sein“, meinte Markus Schmid zu Beginn der traditionellen Saisoneröffnung des Balinger Handball-Bundesligisten. Das Feuer und die Leidenschaft würden geringer lodern, so der Vorsitzende des Vorstandes der Sparkasse Zollernalb weiter, welcher vor der sechsten Spielzeit der Schwaben in der stärksten Spielklasse der Welt warnte: „Normalität ist das Gefährlichste, was dem HBW passieren kann!“
Just dieser Glaube an die „Unabsteigbarkeit“ monierte auch Dr. Rolf Brack, der „zu viel Optimismus im Umfeld“ beobachtete. Nur ungern bremst der Sportwissenschaftler von den Fildern die Euphorie, „doch der Kampf um den Nichtabstieg ist härter denn je geworden. Wir sind im sechsten Jahr Bundesliga, und es wird wohl das schwerste in der Klubhistorie!“
Die Meinung des 57-Jährigen teilen nicht wenige im Dunstkreis des Aufsteigers von 2006, der erneut einen gewaltigen personellen Umbruch zu bewältigen hat und hatte. Hinzu kommt: Die Konkurrenz kennt die taktischen Winkelzüge von Brack – und stellt sich entsprechend darauf ein. „Unsere Andersartigkeit ist für den Gegner durchschaubar geworden“, räumte der Balinger Trainer unumwunden ein, „wir müssen uns verändern, variabler spielen.“ Daran arbeitete der Dozent der Universität Stuttgart in den vergangenen sieben Wochen akribisch. In der „härtesten Vorbereitung aller Zeiten“ (O-Ton Brack) machte sich der langjährige Taktgeber der Schwaben (seit 2004, d. Red.) bestimmt keine neuen Freunde innerhalb der Mannschaft, „doch es musste einfach sein“, nahm Brack den Gesprächsfaden wieder auf und ergänzte: „Wir spielen mit 14 Leuten und müssen über 60 Minuten Vollgas gehen.“ Mit der zweiten Luft in den letzten Minuten will Brack dann wieder Spiele in der Schlussphase gewinnen. „In der vergangenen Runde fehlte uns das“, analysierte der Pfälzer, welcher mit einem stark verjüngten Kader in die Saison 2011/2012 geht. Arrivierte Akteure haben den Klub erneut verlassen – das Gros der Neuzugänge verfügt über wenig oder keine Erstliga-Erfahrung. Deshalb sei der Alvanos-Transfer so wichtig gewesen, betonte Brack, der große Hoffnungen in den Griechen auf der rechten Halbposition setzt.
In den ersten Wochen der Vorbereitung hatte der Linkshänder allerdings große Probleme, sich zu integrieren. „Der ist wie Falschgeld herumgelaufen“, sagte Brack mit einem Augenzwinkern, doch der erfahrene Bundesliga-Coach weiß nur zu genau: Der Lobedank-Ersatz ist unglaublich wichtig für das Offensivspiel der Schwaben, sonst ist der HBW im stehenden Angriff zu leicht auszurechnen. Zumal die Alternativen trotz des breiten Kaders fehlen. „Die Schere innerhalb der Mannschaft ist noch zu groß“, bilanzierte Brack. Dennoch forderte er vier Punkte aus den ersten vier Spielen gegen Gummersbach (H), die Rhein-Neckar Löwen (A), Großwallstadt (A) und Hannover-Burgdorf (H) ein.
Das sah auch Wolfgang Strobel nicht anders. Der Kapitän nahm seine Mitspieler vor allem in den Heimspielen in die Pflicht: „Die SparkassenArena muss wieder eine Festung werden. Wir müssen zu Hause wieder stabiler spielen als in der vergangenen Runde. Da haben wir doch so manches ‘Kann-Sollte-Muss-Spiel‘ verloren!“ Bevor es allerdings wieder los geht, freute sich der Kreisläufer „über ein paar Tage Ruhe nach einer guten, aber sehr harten Vorbereitung.“