Interview mit dem Geschäftsführer

Bundesligaclubs sind Wirtschaftsunternehmen

Als ehrenamtlicher Geschäftsführer des Handballbundesligisten HBW Balingen-Weilstetten hat Bernd Karrer neben seinem Hauptberuf alle Hände voll zu tun. Insbesondere die letzten Wochen waren aufgrund der Trainerentscheidung bei den Galliern von der Alb intensiv. Nachdem sich andeutete, dass Dr. Rolf Brack den Verein nach zehn Jahren verlassen wird, um in der Schweiz das Amt des Nationaltrainers anzutreten, wurde ein Nachfolger benötigt. Im Interview erläutert Karrer, auf was bei der Trainersuche insbesondere geachtet wurde und spricht über die möglichen Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Brack und der Mannschaft. Zudem analysiert er die aktuelle Situation des HBW in finanzieller und sportlicher Hinsicht.

Rolf Brack hat sich entschieden, in die Schweiz zu gehen. Es hat den Anschein, dass alles sehr schnell ging und Markus Gaugisch innerhalb einer Woche als Nachfolger präsentiert wurde. War es tatsächlich so leicht oder hat es längere Gespräche gegeben?

Im wahren Leben sieht alles anders aus als es den Anschein macht. Wir wussten natürlich schon einige Wochen vorher, dass die Entscheidung von Rolf anstehen wird. So konnten wir reagieren. Es gab Gespräche mit verschiedenen Trainern – ein Prozess, der über mehrere Wochen andauerte.

Auf was wurde bei der Suche nach dem Nachfolger hauptsächlich geachtet?

Wir haben im Verein die Philosophie, mit jungen – verstärkt deutschen – hungrigen Spielern zu arbeiten. Es war wichtig jemanden zu finden, der diese Philosophie und eine ähnliche Spielwese vertritt, vor allem mit Blick auf das Abwehrsystem. Und wenn möglich, wollten wir jemanden, der für die Region steht und eventuell sogar aus der Region kommt. Im Fall Markus Gaugisch hat für uns alles gepasst – das war Glück.

Nachdem die Trainerfrage geklärt ist wird es in der nächsten Zeit um die auslaufenden Spielerverträge gehen. Gibt es einen Zeitplan, damit schnell Klarheit herrscht?

Es wird in naher Zukunft Gespräche mit Markus Gaugisch geben, um gemeinsam zu klären, wie der Kader aussehen soll. Welcher Spieler ist ein absoluter Muss-Spieler oder ein Kann-Spieler? Wo gibt es Alternativen? Alles Fragen, die nun erst einmal beantwortet werden müssen. Dann geht es an die Arbeit und wenn es nach mir geht, sollte bis Weihnachten dann alles erledigt sein.

Spielerverträge verlängern heißt mit Sicherheit auch, dass Spieler, wenn sie entsprechendes Leistungspotenzial aufweisen, teurer werden. Wie ist es beim HBW? Und wie beurteilen Sie die momentane Lage in der Liga? In der vergangenen Saison gab es Meldungen, dass es kränkelnde Vereine gibt, die vielleicht die Saison nicht überstehen könnten.

Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass Bundesligaclubs Wirtschaftsunternehmen sind, die man wirtschaftlich stabil führen und aufstellen muss. Hinzu kommen die Pflege von Traditionen und natürlich das Anpeilen des sportlichen Erfolgs. Wenn der sportliche Erfolg über allem steht und erst im zweiten Schritt danach geschaut wird, wie man wirtschaftlich durchkommt, birgt das Gefahren. Ich denke es ist wichtig, dass ein Verein Kompetenz von außen bekommt, vielleicht Querdenker, die in den entscheidenden Positionen sind und Ahnung vom wirtschaftlichen Handeln und dem Führen eines Unternehmens haben. Wir beim HBW müssen sehr spitz rechnen und Sie haben es schon richtig angesprochen: Natürlich werden die Spieler nicht billiger, das darf nicht vergessen und auch nicht verniedlicht werden. Ein Spieler, der sich bei uns entwickelt hat, der kostet mit der Zeit mehr. Schließlich möchte sich dieser auch finanziell weiterentwickeln.

Den nächsten Schritt kann der HBW nur machen, wenn eine größere Spielstätte zur Verfügung stünde. Wie ist die aktuelle Entwicklung? Laufen momentan Gespräche oder steht das Thema derzeit hinten an?

Die Problematik im Sport ist grundsätzlich immer, dass der sportliche Erfolg im gewissen Maße da sein muss. Würde der HBW absteigen, kämen vielleicht nicht mehr so viele Zuschauer. Aber solange wir in der Liga bleiben und wir uns gut vermarkten, wäre eine größere Halle die Grundlage um finanzielle Möglichkeiten weiter auszuschöpfen. Das wäre letztendlich der Schlüssel, um dauerhaft in der ersten Liga zu bleiben. Wir versuchen derzeit zweigleisig zu fahren: Auf der einen Seite verfolgen wir die Idee des Hallenausbaus, was sich mit Blick auf das Ergebnis aber nicht rechnen würde. Die zweite, von uns inzwischen favorisierte Möglichkeit, wäre ein Hallen-Neubau. Nicht nur für den Handball, sondern auch für andere Sportarten, Veranstaltungen und den Schulsport. Aktuell werden hierzu Pläne ausgearbeitet und ein finanzieller Kostenrahmen abgesteckt. Wir behalten das Thema gnadenlos auf unserer Agenda, denn es ist für den HBW mit Sicherheit eines der wichtigsten Themen.

Sportlicher Erfolg ist die Voraussetzung für die Zukunft. Wie beurteilen Sie die momentane sportliche Situation bei den Galliern von der Alb? Selten hatten die Aufsteiger zu diesem Zeitpunkt schon so viele Punkte auf der Habenseite wie in dieser Saison. Beängstigende Situation oder ist alles im Soll?

Wir haben in dieser Saison eigentlich noch kein Spiel verloren, welches wir unbedingt hätten gewinnen müssen. Alle Gegner, gegen die wir verloren haben, standen in den letzten Jahren deutlich vor uns. Jetzt wird es spannend, denn nun kommen Mannschaften, mit denen wir uns auf Augenhöhe sehen. Diese Spiele werden zeigen und mitentscheiden, ob wir im Soll sind und es vernünftig läuft.

Nun steht fest, dass Rolf Brack den Verein am Ende der Saison verlassen wird. Ist das Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer dadurch einem Bruch ausgesetzt? Wenn die Verbindung zwischen Trainer und Mannschaft nicht mehr so ist wie in den letzten Jahren, besteht dann die Gefahr, dass Erfolge ausbleiben?

Das glaube ich nicht. Ich sehe es eher positiv und glaube, dass der Druck jetzt weg ist. Niemand stellt sich noch die Frage, ob der alte Trainer bleibt oder wer der neue wird. Diese Hängesituation ist zu Ende und von daher denke ich, dass die Spieler sich sagen: Jetzt erst recht. Ich bin sicher, dass jeder Einzelne dem jetzigen Trainer einen krönenden Abschluss gönnt und selbst großes Interesse daran hat, eine erfolgreiche Saison zu spielen. Deshalb glaube ich genau das Gegenteil: Die Entscheidung schweißt das Team und den Trainer noch enger zusammen.

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